#erstepfälzerblogparade
Mein Beitrag zur „Ersten Pfälzer Blogparade“. Das 7. Türchen öffnet sich.
Insgesamt 24 Türchen zeigen allen Pfalzliebhabern und denen, die es noch werden wollen, wie vielseitig und schön unsere Pfalz ist, also unbedingt hineinschauen.
„Morgen gibt es bei uns Halbleinen, wird mal Zeit,“ sagte die Älteste der Runde mit 89 Jahren. „Halbleinen? Das sind doch Geschirrtücher, oder?“ fragte die zugezogene Jüngste. „Ja, auch, aber dieses Halbleinen ist Kraut und Grumbeere in einem Topf. Ein häufiges Essen bei uns daheim. Unsere Eltern hatten genug davon, Kraut und Grumbeere wuchsen auf dem Feld. Früher, als die Wutz geschlachtet wurde, gab es noch gerauchte Bauchlappen, Dörr- oder Salzfleisch dazu,“ klärten sie sie auf.
Sie redeten von Grumbeerstampes, rostische Ritter, Apfelschmeer und Dampnudele, von althergebrachten Gerichten, die sie bereits seit Jahrzehnten für ihre Familien zubereiteten.
„Ich mache die Apfelschmeer nur von Klaräpfeln,“ sagte eine, die stets an zwei Socken zugleich strickte. „Nein, nein, mir schmeckt das nicht, die Äpfel sind viel zu sauer,“ die Fülligste unter ihnen schüttelte sich leicht und zog dabei an ihrem Knäuel Wolle. Herbstfarben kullerte es über den Tisch. Nach und nach ruckte es abwechselnd durch die verschiedenen Knäuel, geflammt auberginen, kunterbunt, jeansblau und gediegen braun für einen Herrenfuß. „Wenn ich nicht stricke, schlafe ich vor dem Fernseher ein. Mein Strickzeug muss ich in den Händen halten.“ Sie nickten zustimmend mit dem Kopf und gingen zufrieden nach zwei Stunden Rezeptaustausch und erfüllender Strickstrumpfarbeit nach Hause.
Und weil dieses Halbleinen für Madam Rote Rübe höchst verlockend klang: Nach einem einfachen schlichten Gericht, das bereits viele Generationen sättigte, kochte sie es bald darauf nach.
Du wirst sehen: Ausprobieren lohnt sich – ein einfaches bodenständiges, ausgesprochen schmackhaftes Essen, das in der Winterszeit bei uns nun häufiger auf den Tisch kommen wird. Und nicht die gebratenen Zwiebeln dazu vergessen – ein Gedicht.

Zutaten
600 g Spitzkohl oder Weißkohl, geputzt
600 g Kartoffeln
400 ml Gemüsebrühe
1 Lorbeerblatt
1/2 TL Kümmel oder 1 Prise gemahlener Kümmel
Salz
schwarzer Pfeffer aus der Mühle
2 EL Olivenöl
3 Zwiebeln
4 Zweige Petersilie
So geht es
Den Kohl vierteln und in fingerdicke Streifen schneiden. Kartoffeln schälen, waschen und würfeln, etwa 1cm Kantenlänge. Das Gemüse in einen größeren Topf aufsetzen, mit der Gemüsebrühe übergießen. Lorbeerblatt und Kümmel nach Geschmack hinzufügen und alles etwa 20-30 Minuten garen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Währenddessen Zwiebeln putzen, halbieren und in dünne Scheiben schneiden. Eine Pfanne mit Olivenöl erhitzen, Zwiebeln hinzufügen, bei mittlerer Hitze öfters wenden und leicht bräunen.
Petersilie waschen, trocken tupfen, die Blätter klein schneiden.
Zum Servieren die abgeschmälzten Zwiebeln und Petersilie über das Halbleinen anrichten.
Tipps:
- Manche essen mit Vorliebe eine große Gewürzgurke dazu.
- Eine andere Variante: Kleingeschnitter Lauch mit den Kartoffeln und Kraut gekocht, gibt guten Geschmack.
- Möhren im Topf werden auch nicht verschmäht.
- Oder anstelle Weißkohl Wirsing nehmen und mit Muskat würzen.
- Die es deftig mögen, geben gebratene Speckwürfel mit den Zwiebeln über das Gericht.
- Oder legen ein Kassler bei und würzen das Gericht mit etwas mehr Kümmel.
Ein Essen, das uns satt und wärmend durch den Winter bringt. Hier spiegelt sich die ganze Bodenständigkeit, Einfachheit und Heimatverbundenheit der Westpfälzer in ihrer Küche wieder.
Übrigens, zwei Dörfer weiter kannte man dieses regionale Gericht unter dem Namen Halbleinen bereits nicht mehr. Deshalb: Wer kennt noch dieses Gericht?
Nun wünsche ich dir viel Freude daran, dieses neu entdeckte uralte Rezept von unseren Ahnen auf den Tisch zu bringen. Lass es dir schmecken, deine
2 Kommentare
Sorry, ich kann es mir nicht verkneifen. Wir Pfälzer essen Appelschmeer und nicht Apfelschmeer. Wenn schon dann richtig.
Liebe echte Pfälzerin,
wie wunderbar, dass du mich korrigierst, hab vielen Dank. Ich bin zwar eine geborene Pfälzerin, aber im Ruhrgebiet aufgewachsen, von daher gibt es eindeutig Dialekt-Lücken.
Sei herzlichst gegrüßt
Sigrid